Schornsheim (Rheinland-Pfalz)

Rheinhessen – WikipediaDatei:Verbandsgemeinden in AZ.svg Schornsheim - derzeit ca. 1.600 Einwohner zählend - ist heute Teil der Verbandsgemeinde Wörrstadt im Landkreis Alzey-Worms - etwa 25 Kilometer südwestlich von Mainz gelegen (topografische Karte ohne Eintrag von Wörrstadt-Schornsheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Alzey-Worms, Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Jüdische Bewohner in Schornsheim lassen sich bereits im 18.Jahrhundert nachweisen. Sie lebten vom Kleinhandel und der Metzgerei. Eine Kultusgemeinde bildete sich dann zu Beginn des 19.Jahrhunderts; sie erreichte um 1850/60 mit ca. 100 Angehörigen ihren zahlenmäßigen Höchststand.

Im ersten Jahrzehnt des 19.Jahrhunderts wurde auf einem Hinterhofgelände in der Hölzergasse eine Synagoge eingerichtet, die über mehrere Treppen zu erreichen war. Gottesdienste wurden in Schornsheim mit Gesang und deutscher Predigt abgehalten. Die Besetzung der Vorbeter-Stelle war einem steten Wechsel unterworfen.

  

 aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 28.Okt. 1881, vom 1.Febr. 1892 und vom 11.März 1895

Eine eigene Begräbnisstätte - hier wurden auch verstorbene Juden von Udenheim und Gabsheim begraben - bestand seit den 1850er Jahren und lag nahe des Ortes unmittelbar an den kommunalen Friedhof angrenzend; zuvor hatte den Schornsheimer Juden das Friedhofsgelände in Sörgenloch zur Verfügung gestanden. Zur Gemeinde Schornsheim zählten auch die in Udenheim und Gabsheim lebenden Juden; allerdings waren es jeweils nur ein oder zwei Familien.

Juden in Schornsheim:

    --- um 1725/30 ....................   9 jüdische Familien,

    --- 1804 ..........................  45 Juden,

    --- 1824 ..........................  69   “   (ca. 8% d. Dorfbev.),

    --- 1861 .......................... 103   “  ,

    --- 1880 .......................... 103   “  ,

    --- 1900/05 .......................  62   “   (5,5% d. Dorfbev.),

    --- 1910 ..........................  42   “  ,

    --- 1931 ..........................  36   “  ,

    --- 1933 ..........................  28   “  ,

    --- 1938 (Dez.) ...................  keine.

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff, Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, S. 336

 

Nach 1850/1860 setzte eine Ab- und Auswanderungswelle ein, und die Zahl der Schornsheimer Juden reduzierte sich deutlich. Trotzdem ließ man 1890 die Synagoge und das rituelle Bad renovieren, wie ein Artikel in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 14.8.1890 vermerkt:

Schornsheim (Rheinhessen), 10.August. Es dürfte die Leser Ihres geschätzten Blattes interessiren, zu erfahren, daß auch in der hiesigen Gegend, wo es mit den religiösen Zuständen wie Schechita, Mikwe und dergleichen mehr, leider sehr traurig aussieht, doch noch Jehudim sind, die für die religiösen Gebräuche Sinn haben, wenn sie zur dazu angeeifert werden. Schon seit einigen Jahren war unsere Mikwe ganz vernachlässigt, infolge dessen auch nicht gebraucht, aber auf Veranlassung uns. jetzigen Herrn Lehrer Eisenberger hat die Gemeinde die Mikwe nach Angabe eines religiösen Rabbiners wieder neu renoviren lassen. ... Möge es unserem Lehrer gelingen, noch viel Gutes in unserer Gemeinde zu stiften. Auch unsere Synagoge ist ganz neu renovirt, und haben die Gebr. Löwenstein aus New York, Brüder unseres Vorstehers, 2000 M. dazu gegeben.  

Die zu Beginn der 1930er Jahre noch in Schornsheim lebenden jüdischen Bewohner verließen bald nach der NS-Machtübernahme den Ort und zogen meist in größere deutsche Städte. Die Synagoge war bereits Anfang 1933 verkauft worden, nachdem schon jahrelang keine regelmäßigen Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten (Minjan!). Zeitgleich mit dem Verkauf der Synagoge seitens des letzten Gemeindevorstehers Hermann Löwenstein wurde die kleine Gemeinde offiziell aufgelöst. Der letzte jüdische Einwohner emigrierte 1938 in die USA.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20388/Schornsheim%20KK%20MZ%20Baum%20Markus.jpghttp://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20388/Schornsheim%20KK%20MZ%20Michel%20Bruno.jpg

J-Kennkarten zweier gebürtiger Schonsheimer Juden – ausgestellt 1939 in Mainz

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind nachweislich 25 aus Schornsheim stammende bzw. längere Zeit am Ort wohnhaft gewesene Juden Opfer des Holocaust geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe. alemannia-judaica.de/schornsheim_synagoge.htm).

 

In den 1960er Jahren wurde das ehemalige Synagogengebäude (Hölzerstraße) abgebrochen. Eine Gedenktafel, die an die ehemalige jüdische Gemeinde erinnert, ist bislang nicht vorhanden.

Nur die recht gepflegte Anlage des jüdischen Friedhofs mit seinen etwa 70 Grabsteinen - gelegen an der Kirchstraße neben dem kommunalen Friedhof - weist auf einstige Ansässigkeit jüdischer Familien hin.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2059/Schornsheim%20Friedhof%20109.jpgJüdischer Friedhof Schornsheim 2.JPG

Jüdisches Begräbnisareal in Schornsheim (Aufn. J. Hahn, 2005 und N., 2015, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

In Undenheim lebten seit dem 18.Jahrhundert vereinzelt jüdische Familien; eine Kultusgemeinde existierte hier zu keiner Zeit; vermutlich suchten die Undenheimer Juden die Einrichtungen der Schornsheimer Gemeinde auf.

Zu Beginn der 1930er Jahren lebten am Ort drei jüdische Familien, die mit Vieh- und Getreidehandel ihren Lebenserwerb bestritten. Ende 1938 wurde Undenheim für „judenfrei“ erklärt. Fünf aus Undenheim stammende jüdische Bewohner wurden Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: .alemannia-judaica.de/undenheim_juedgeschichte.htm).

Vier sog. "Stolpersteine" in der Staatsrat-Schwamb-Straße erinnern seit 2016 an Angehörige der jüdischen Familie Baum, die 1942 deportiert und in Piaski ermordet wurde.

Undenheim Stolperstein Staatsrat-Schwamb-Straße 74 Julius Baum.jpgUndenheim Stolperstein Staatsrat-Schwamb-Straße 74 Lina Baum.jpgUndenheim Stolperstein Staatsrat-Schwamb-Straße 74 Irene Baum.jpgUndenheim Stolperstein Staatsrat-Schwamb-Straße 74 Margot Baum.jpgAufn. A.Tewes, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2, S. 282/283

Heinz Duchhardt, Juden in Schornsheim, in: Schornsheim - Geschichte eines Dorfes 782 - 1982, Schornsheim 1982, S. 126 f.

Schornsheim, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 336

Walter Schwamb, Die jüdischen Bewohner der Selztalgemeinden: Hahnheim, Selzen, Friesenheim, Undenheim, Dahlheim, Mommenheim und ihrer Nachbardörfer Schornsheim und Udenheim, 2012

Auflistung der in Undenheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Undenheim